Verkehr

Senioren am Steuer – Gefahr in Verzug ?

Den Führerschein bekommen

ist in Deutschland keine unüberwindbare Hürde. Die Auswahl an Fahrschulen könnte größer kaum sein. Wie so oft hat der Suchende die Qual der Wahl. Hat der dieses Problem gelöst, gilt es ein wenig Fleiß, Ausdauer und meist eine nicht unerhebliche Menge Geld zu investieren bevor ein unscheinbarer Herr mit Prüfberechtigung auf der Fahrzeugrückbank Platz nimmt und scheinbar uninteressiert während der Prüfungsfahrt die Gegend beobachtet um nach etwa 30 minütigem Testkurs sein Urteil zu verkünden. Die Mehrheit der überwiegend jungen Delinquenten darf sich dann über den Erhalt des Führerschein auf Probe freuen.

Den Führerschein behalten

und das lebenslang ist in Deutschland nach überstandener Probezeit die Regel. Nur die ganz bösen Buben, die Unfälle mit Todesfolge verursachen, müssen zumindest zeitweise ohne den „Lappen“ auskommen. Alkoholiker und Drogenabhängige bekommen auch schon mal lebenslang den Führerschein zum Schutz der Gemeinschaft entzogen oder müssen den sogenannten Idiotentest (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) absolvieren, was ohne fachmännische Unterstützung fast unmöglich ist. Daran stößt sich eine Armee von Beratern und Verkehrspsychologen gesund. Ansonsten muss kein Normalverbraucher ohne jemals seine theoretischen und praktischen Fertigkeiten oder auch seine gesundheitliche Eignung erneut nachweisen. Einzige Ausnahme sind die Berufskraftfahrer, die regelmäßig Schulungen nachweisen und ab dem 50.Lebensjahr alle 5 Jahre Ihren Führerschein für die großen Brummis verlängern lassen müssen. Bei dieser Gelegenheit wird auch Ihre gesundheitlich Eignung einem strengen Test unterzogen.Dennoch gibt es auch in diesem Bereich Lücken im System. So ist mir ein Fall aus der Praxis bekannt, bei dem es einer Gefahrgutspedition nicht gelungen ist, einem Fahrer, der offensichtlich nicht mehr in der Lage war, sein Fahrzeug zu beherrschen, der bereits mehrere Beinaheunfälle und kleinere Bagatellunfälle verursacht hatte und zeitweise sogar völlig verwirrt wirkte, den Führerschein wenigstens für LKW und den Gefahrgutführerschein entziehen zu lassen. Dazu sahen sich die Behörden aufgrund der bestehenden Gesetzeslage nicht imstande. Zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer sah sich die Firma gezwungen, den Mann in den vorzeitigen Ruhestand zu verabschieden. Jetzt darf er sich Senior nennen, doch Auto fahren darf er weiter.
Soweit kann in Deutschland Bestandsschutz gehen.

Senioren in Deutschland

Einst waren sie, unsere Eltern und Großeltern, ein geachteter Teil der Gesellschaft. Sie hatten sich in Ihrem langen Arbeitsleben die Anerkennung Ihrer Mitmenschen und eine ordentlich Rente erarbeitet. Oma und Opa kümmerten sich um Ihre Enkel und auch umgekehrt funktionierte die familiäre Solidarität. Die Achtung vor Älteren war eine Säulen der Gesellschaft. Heute ist das Alles Schnee von gestern. Die stressige Arbeitswelt hat die Familien zerrissen, jeder hat mit sich zu tun, die Alten bleiben solange sie noch selbst können, in Ihrem gewohnten Wohnumfeld. Wenn es nicht mehr geht, ist  das Heim die einzige Alternative wen  man sich das überhaupt leisten kann. Denn die Einkünfte der Senioren sinken genauso beständig wie Ihre Anzahl steigt. Die Altersarmut grassiert und Mangel erzeugt hohe Preise und dies erst recht in dem lukrativen Markt zum Beispiel für betreutes Wohnen. Die Solidarität innerhalb der Gesellschaft bröckelt, der Sittenverfall greift immer weiter um sich, respektiert wird nur der Stärkere, sprich Reichere.

Mobil bleiben – auch im Alter ?

In diesem gesellschaftlichen Umfeld gewinnt die Mobilität der Senioren auch angesichts der sich weiter verschlechternden Versorgungslage gerade in ländlichen Gebieten enorm an Bedeutung. Dies betrifft nicht nur die Versorgung mit dem Lebensnotwendigen sondern auch die qualifizierte medizinische Betreuung. Daher liegt es im gesamtgesellschaftlichem Interesse, die Mobilität der Älteren zu erhalten. Für die Handhabung dieses sensiblen Themas sind einseitige Interessenvertreter wie der ADAC oder der Verband der Automobilindustrie die falschen Partner, da sie einseitig nur Ihre Interessen sehen und durchsetzen möchten. Ich verweise nur auf die Ablehnung der Einführung von Geschwindigkeitsbegrenzungen für Transporter, obwohl sie einen stark erhöhten Anteil am Unfallgeschehen haben, oder die Tatsache, dass Deutschland nach wie vor keine Geschwindigkeitsbegrenzung für die Autobahnen eingeführt hat obwohl das aus gutem Grund international Standard ist. Beides ist ein Ergebnis der unheilvollen Arbeit der Lobbyistenverbände.
Unbestreitbar ist die Tatsache, dass Senioren über 75 Jahre auch zu 75 % Schuld sind wenn sie in einem Unfall verwickelt sind. Und die Zahl der Senioren steigt und damit auch die potentielle Unfallgefahr. Dass die Unfallquote höher ist als bei den unerfahrenen und ungestümen Jugendliche sollte jeden nachdenklich machen. Gar nichts zu unternehmen ist daher genauso abzulehnen wie etwa ein restriktiver Führerscheinentzug ab dem Lebensjahr X.

Vorschläge für die Tonne

Die Unfallforschung der Versicherer hat vor Beginn des Verkehrsgerichtstages in Goslar freiwillige Tests angeregt und damit den Bock des Jahres geschossen. Alles, was man aus welchen Gründen auch immer nicht regeln will, soll freiwillig sein. Die Banken sollen freiwillig auf Gewinne verzichten und auf Spekulationsgeschäfte verzichten, die Lebensmittelhersteller sollen freiwillig ihre Betrieb überwachen was da noch alles so schon vorgeschlagen wurde. Nichts davon hat jemals funktioniert. Es wäre ja auch ein Wunder wo selbst gegen Gesetze bei jeder sich bietenden Gelegenheit verstoßen wird (Kartellabsprachen, Werbebegrenzungen im TV, Einhaltung von Hygienevorschriften, verbotene Parteienfinanzierung, Verbot von Werbeanrufen in der Telekommunikation). Die Aufzählung ließe sich endlos fortsetzen.
Weshalb sollte sich also Opa x freiwillig einem Test mit ungewissem Ausgang stellen ? Wird er nicht tun. Selbst dann oder erst recht, wenn das Ergebnis rechtliche Konsequenzen hätte, wird er es nicht tun. Wer gibt schon freiwillig seinen Führerschein her.
Vorgeschlagen wurde allerdings, dass der Prüfling nach absolviertem Test unabhängig vom Ergebnis, selbst entscheiden darf, ob er seinen Führerschein abgibt. Lächerlicher geht es nicht mehr, denn so macht der Test endgültig keinen Sinn mehr.

Was unsere Nachbarn regeln

Vielleicht sollten unsere Politiker mal in den Rest Europas schauen.
In den Niederlanden müssen alle Kraftfahrer ab 70 Jahren alle 5 Jahre zum Gesundheitscheck,Schweden, Briten und Griechen alle 3 Jahre.In Spanien müssen Autofahrer bereits ab 45 Jahren alle 10 Jahre und ab dem Lebensalter von 79 Jahren alle 2 Jahre
einen Test absolvieren.Auch in der Schweiz, Dänemark, Frankreich, Italien und Luxemburg müssen Autofahrer zum Tauglichkeitstest. Wie so oft funktionieren im europäischen Ausland Dinge sei Jahren, die in Deutschland als unmöglich umzusetzen verpönt werden. Angefangen vom Mindestlohn bis zur Lebensmittelampel muss man feststellen, dass wir noch viel von unseren europäischen Nachbarn lernen könnten wenn wir denn wollten.

Ich wünsche allen Seniorinnen und Senioren einen schönen mobilen Tag.

Reiner (auch ein Senior)

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