Politik

Kampf den Abgasen – Volkswagen in der Krise

Das stinkt zum Himmel – Volkswagen in der Krise

742938_web_R_by_Bernd Kasper_pixelio.de
Bernd Kasper_pixelio.de

Als DDR-Bürger war ich froh, einen Wartburg 353 mein Eigen nennen zu können. Das war fast schon Luxus, Locker hätte ich mit diesem Nobelhobel a la Eisenach den Abgastest bestanden, allerdings in der Klasse für Schwerlasttransporter und Bergepanzer. Heute haben wir ein Umweltlabel für Fahrzeuge, das einen Panzer Leopard II ökologischer einstuft als einen Opel-Korsa. Das ist unsere schöne neue Autowelt made in Germany. Das bleibende Verdienst dafür haben sich die Automobil-Lobby, vertreten durch den VDA, und unser Verkehrsministerium erworben. Erstere hat klar gemacht, dass bei Umsetzung der geplanten europäischen Richtlinien für die Abgaswerte von Neuwagen, tausende Arbeitsplätze in der deutschen Fahrzeugbranche gefährdet seien und die Regierung hat sich daraufhin international dafür eingesetzt, die Senkung der Abgaswerte abzuschwächen und zeitlich zu dehnen. In der Folge wurden die Richtlinien an die Abgaswerte der produzierten PKW angepasst. Die deutsche Automobilindustrie, die wieder mal Ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatte und nicht in der Lage war, Motoren mit geringerem Schadstoffausstoß herzustellen, war wieder mal davon gekommen und Deutschland stand als Bremser des ökologischen Fortschritts in ganz Europa da. Zumindest den deutschen Verkehrsminister hat das wenig gestört, betrachten diese doch Ihren Posten ohnehin quasi als Probezeit für einen lukrativen Job in der Automobilindustrie. Man denke nur an den Chef des VDA, Herrn Wissmann, der als Verkehrsminister mit dem leidigen Thema ÖPP (öffentlich-private Partnerschaft bei der Realisierung von Straßenbauprojekten) so manche Milliarde des Steuerzahlers in den Taschen der Wirtschaft versenkt hat.
Arroganz ist die hervorstechendste Eigenschaft deutscher Automobilmanager, mit der Innovationsfähigkeit ist es dagegen nicht weit her. Ob Rußpartikelfilter, Hybridantrieb, Elektroauto oder Brennstoffzelle,- immer traten andere als Pioniere auf und kamen die deutschen „Premiumhersteller“ aus dem Mustopf und mussten die Regierung per Gesetz Schlupflöcher für die Automobilbauer schaffen. Schließlich stehen ja immer Tausende Arbeitsplätze auf dem Spiel. Auch dass die Autobauer ihre Fabriken teilweise mit staatlichen Subventionen errichtet haben, ist ein trauriges Kapitel deutscher Industriepolitik.

Nun,- Martin Winterkorn hat wenigstens, nach einen kurzen Versuch, die Sache mit einer Entschuldigung aus der Welt zu schaffen, den Anstand besessen, zurückzutreten. Andere aus der zweiten Reihe wurden gegangen. Von der Politik hat man dergleichen nicht gehört obwohl das Problem auch dort seit mindestens einem Jahr bekannt ist. Volkswagen wurde bereits 2007 von der Firma Bosch darauf hingewiesen, dass sie mit der neuen Motorsteuerungssoftware möglicherweise gegen gesetzliche Regelungen verstoßen würden. Das Kraftfahrbundesamt ist zuständig für die Typzulassung neuer Fahrzeuge und hat dies bis heute auch immer anstandslos getan. Auch dieser Behörde dürfte es nicht entgangen sein, was jeder Kraftfahrer weiss, dass nämlich zwischen den Verbrauchsangaben der Hersteller und der Wirklichkeit auf der Strasse Welten liegen. Und dies ist nicht auf Dieselfahrzeuge beschränkt und auch nicht auf den VW-Konzern. Ich traue den Fachleuten der Behörde durchaus zu, daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen; nur der politische Wille, auch praktische Massnahmen aus diesem Wissen abzuleiten, fehlte offensichtlich und das tut er noch, auch wenn der amtierende Verkehrsminister als Dienstherr des KFA zurzeit auf Aktion macht. Die USA sind weiss Gott lange Zeit Bremser in Sachen Umwelt gewesen. Eine solch enge Verflechtung zwischen Autoindustrie und Behörden mit den entsprechenden negativen Folgen ist dort jedoch undenkbar. Lediglich 2 % Abweichung zwischen den Angaben der Automobilhersteller und den in der Praxis gemessenen Verbrauchswerten bei allen Herstellern, auch bei den deutschen Firmen, sprechen eine deutliche Sprache. Wenn also entsprechend strenge Richtlinien durchgesetzt werden, können auch deutsche Autohersteller wahrheitsgemäße Angaben machen. Werbung machen können sie allerdings mit diesen Werten nicht.
Jeder Autoverkäufer in Deutschland weist seine Kunden auf eine Differenz von mindestens einen Liter beim Verbrauch hin. Das dementsprechend auch die Abgaswerte auf der Strasse nicht denen auf dem Prüfstand entsprechen, kann sich jeder an seine Fingern abzählen und das auch ohne Kfz.-Ingenieur zu sein. Es wird Zeit, dass die Regierung, die unselige Allianz mit der Automobilindustrie beendet und Grenzwerte inklusive entsprechender Kontrollen einführt, die die Industrie zu dem zwingt, was sie einst stark gemacht, zu Innovationen.
Kurzzeitig hatte VW Toyota als Weltmarktführer hinsichtlich der Produktionszahlen überholt. Was aber ist ein solcher Sieg wert, der mit unlauteren Mitteln erreicht wurde ? Diese Bürde wird noch lange auf VW lasten.
Aber um es noch einmal deutlich zu sagen: Ich bin überzeugt, dass das Problem auch bei Benzinern und auch bei anderen Herstellern existiert. Lassen wir uns überraschen.
siehe auch: Öttinger für Autoindustrie eingespannt

Ich wünsche Ihnen eine entspannende, abgasarme Fahrt in den Mittwoch.

Reiner

 

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